Der Border Collie ist die wohl bekannteste Hütehund-Rasse. Und tatsächlich ist die Entstehung der Rasse eng mit den Schäfern und Schafen in England und Schottland verbunden. Um zu verstehen, wie ein Border Collie “tickt”, ist es wichtig, seine Herkunft und die ursprüngliche Verwendung der Rasse zu kennen. Denn das erklärt sowohl den Arbeitswillen und die Intelligenz, als auch einige der speziellen Verhaltensweisen und Besonderheiten des Border Collies.
Entstehung der Rasse Border Collie
Die hierzulande anerkannte Rassebeschreibung für den Border Collie existiert noch gar nicht so lange, erst seit 1980. Allerdings hat der Border Collie einen langen Weg hinter sich. Aus ursprünglichen englisch-schottischen Arbeitshunden mit speziellen Hüteaufgaben entstanden nach und nach verschiedene Hütehund-Rassen, zu denen auch der Border Collie gehört.
Die Arbeitsweise der ursprünglichen Sheepdogs in Großbritannien wurde schon im 16. Jahrhundert festgehalten. Der Leibarzt von Königin Elisabeth der Ersten, John Caius, beschrieb bereits 1576, wie Hirten mit Lauten und Sichtzeichen eine Schafherde mit Hilfe der Hunde in jede gewünschte Richtung dirigieren konnten. Aus solchen Sheepdogs entstanden später verschiedene Rassen, die unterschiedliche und spezielle Aufgaben hatten.
Was ist ein “Collie”?
Genauso wie der Bearded Collie und der Kurz- und Langhaarcollie, tragen Border Collies den “Collie” im Namen. Experten sind sich jedoch nicht ganz einig, woher die Bezeichnung kommt. Hier zwei der gängigsten Erklärungen der Wortherkunft:
- Collie könnte sich vom alten angelsächsichen Wort “col” ableiten, was dunkel oder schwarz bedeutet. Früher wurden die in der Herkunftsregion der Collie üblichen, typischerweise schwarz gefärbten Schafe deshalb Colleys genannt. Deren Hüter waren dann die “Colley Dogs” woraus später “Collie” wurde.
- Manchmal wird auch vermutet, dass die ersten Sheepdogs in England vorwiegend schwarz waren, sodass sich die Bedeutung dunkel oder schwarz auch direkt auf die Hunde beziehen könnte.
- Andere Quellen sehen die Herkunft im gälischen Wort “colley” für “nützlich / hilfreich”. Laut dieser Erklärung wurden die nützlichen Hunde, die Colley Dogs, später im allgemeinen Sprachgebrauch zum Collie.
Erst später wurden die verschiedenen Schläge von Colley-Dogs unterschiedlich bezeichnet und entwickelten sich nach und nach zu eigenen Rassen.
Und warum “Border” Collie?
Der spezielle “colley dog”, über den wir heute ganz selbstverständlich als Border Collie sprechen, hat seinen Namen von der Herkunftsregion. Er wurde hauptsächlich im Grenzgebiet zwischen England und Schottland eingesetzt. Wo früher die schottisch-englischen Kriege tobten, hüteten später Schäfer ihre Tiere auf den weiten, grünen Grashügeln und windzerzausten Heiden der sogenannten Borderlands (oder auch Border Country). Davon leitet sich bis heute die Bezeichnung Border Collie ab.1
Entwicklung bis zur offiziellen Anerkennung der Rasse
Den Grundstein für die Rasse Border Collie legte der Farmer Adam Telfer Ende des 19. Jahrhunderts. Sein Rüde Old Hemp zeigte besonders gute Hüteeigenschaften und wurde zum wohl begehrtesten Zuchtrüden der beginnenden Border-Collie-Zucht. Um die Arbeitsleistung vergleichen und anderen zeigen zu können, wurden 1873 Sheepdogtrials, also Hütewettbewerbe, ins Leben gerufen. Diese gibt es heute weltweit und sie sind strengen Wertungskriterien unterworfen. Um die Zucht kümmerte sich zunächst die International Sheep Dog Society (ISDS) in England. Damals stand das Aussehen an zweiter Stelle. Zuchthunde wurden nur nach Arbeitswillen und der Qualität ihrer Arbeit an den Schafen ausgewählt. Bei der ISDS ist das auch heute noch so, während andere Zuchtvereine auch andere Zuchtziele unterstützen.
Der Border Collie wurde von der FCI im Jahr 1976 offiziell als Rasse anerkannt. In Deutschland übernahm der Club für Britische Hütehunde 1978 die Betreuung der Rasse und die Führung der entsprechenden Zuchtbücher.2 1980 formulierten der Verein eine Rassebeschreibung, die bis heute in vielen Teilen unverändert bestehen blieb.
Ursprüngliche Verwendung und Aufgaben der Border Collies
Wie oben beschrieben ist der Border Collie ein waschechter Hütehund. Vergleicht man ihn mit ähnlich aussehenden Hütehund-Rassen wie dem aus Amerika stammenden Australian Shepherd, wird schnell ein großer Unterschied klar. Hütehunde wie der Aussie waren mutige und wachsame Allrounder, die nebenher auch die Herde vor Raubtieren beschützten, den Hof bewachten und bei Bedarf Aufgaben von Treibhunden übernahmen und auch an Großvieh (Rindern) eingesetzt wurden. Anders der Border Collie.
Spezialisierte Sheepdogs
Bären waren in Großbritannien zur Zeit der Rasseentstehung bereits ausgerottet, der letzte Wolf wurde 1743 erlegt. Die Border Collies waren dadurch reine Hütehunde und wurden an Schafen, später zum Teil auch an Geflügel wie Gänsen oder Enten, eingesetzt. Wo ein Aussie sich bei Rindern bisweilen körperlich ruppig, mit Bellen oder Schnappen in die Fersen durchsetzen musste, konnte ein Border Collie mehr mit seiner mentalen Stärke arbeiten. Da Border Collies nicht als Wachhunde fungierten, selektierten die Schäfer ihre Hunde zur Zucht meist ausschließlich über ihre Hüteeigenschafen. Darum handelt es sich beim Border Collie um einen einzigartigen Spezialisten für das Hüten von Schafen.
Die Arbeitsweise und die Signale der Hirten wurden nicht nur bei der täglichen Arbeit, sondern auch bei den Sheepdogtrials immer weiter verfeinert und perfektioniert. Der Hund folgt dabei kleinsten Anweisungen des Schäfers, handelt aber bei Bedarf auch selbstständig. Das eigenständige Handeln war zur Zeit der Rasseentstehung ausnehmend wichtig, denn schottische Schafherden bestanden oft aus halbwilden Schafen, die sich beim Grasen weitläufig in einer Region mit Hügeln und Senken, Bäumen, Sträuchern und hohem Gras verteilten. Dadurch musste sich der Schäfer darauf verlassen, dass seine Hunde auch außerhalb seines Sichtbereiches Schafe aufspüren und sicher zurücktreiben konnten.
Border Collies als Koppelgebrauchshund
Heute werden arbeitende Border Collies vor allem als Koppelgebrauchshund genutzt. Geduckt, mit starrem Blick und lautlos hält ein trainierter Border Collie beim Hüten die Schafe zusammen. Dabei sind die Hunde auf höchste konzentriert und scheinen regelrecht vorauszuahnen, was die Schafe vorhaben. Diese Körperhaltung und auch das typische, bogenförmige Umrunden der Herde leitet sich vom Jagdverhalten ab, ist genetisch in den Hunden verankert und wird bereits von jungen Hunden gezeigt. Aufgaben von Koppelgebrauchshunden sind das Zusammentreiben einer Herde, das Abtrennen von Einzeltieren oder definierten Gruppen aus einer Herde, das Treiben in Pferche (zum Beispiel zum Verkauf oder Transport, zur Schafschur, Klauenpflege oder für tiermedizinische Behandlungen) oder das Bewegen der Herde von einer Weide zur anderen.
Vom Hütehund zum Sport- und Familienhund
In den letzten Jahrzehnten erging es dem Border Collie wie vielen spezialisierten Arbeitshunderassen. Die sich ändernde Landwirtschaft sowie Arbeits- und Lebensweise der Menschen sorgte für einen viel geringeren Bedarf an gut ausgebildeten Arbeitshunden. Nichtdestotrotz wollten Fans der Rasse und Zuchtvereine den Border Collie mitsamt seinen ursprünglich für das Hüten angezüchteten Verhaltensweisen erhalten. Zudem ist der Border Collie ein ausgesprochen hübscher, sportlicher Hund in einer mittleren Größe, was für viele Menschen dem Idealbild eines Hundes entspricht. Das führte dazu, dass Border Collies zunehmend als Sporthunde oder auch als reine Familienhunde gehalten werden.
Im Artikel über geeignete Möglichkeiten zur Beschäftigung für den Border Collie, können Rassefans nachlesen, ob und wie man dem Arbeitswillen der Hunde auch als Nicht-Schäfer gerecht werden kann. Unter Wesen und Eigenschaften des Border Collies lässt sich mehr darüber erfahren, wie sich die ursprünglichen Hüteeigenschaften im Alltag äußern können und wie sich Showlinien, Arbeitslinien und Sportlinien bei Border Collies unterscheiden. Außerdem beschäftigen wir uns auch damit, wie man Problemverhalten beim Border Collie vorbeugen kann.
Quellen
- VDH-Rassebeschreibung: Border Collie (Link zur Webseite)
- Club für Britische Hütehunde e.V.: Der Border Collie (Link zur Webseite)
Bildquellen
Illustrationen: Stefan Große Halbuer
Border collie dog herding a flock of sheep © Depositphotos.com/Bigandt
Border Collie dog walking through the park on a spring day © Depositphotos.com/i_vinatoru.yahoo.es