Beschäftigung und Auslastung für den Border Collie

Aktualisiert am: 21.10.2024

Die meisten Border Collies werden heute nicht mehr von Menschen gehalten, die Schafe besitzen. Allerdings sind und bleiben Border Collies echte Arbeitshunde. Sie wollen nicht nebenher ein bisschen mit Ballwerfen oder Suchspielen beschäftigt werden. Stattdessen benötigen sie eine herausfordernde Beschäftigung und intensive Zusammenarbeit mit dem Menschen, abwechselnd mit ausreichend Ruhe. Beachtet man bei der Auslastung einige wichtige Punkte, kann ein Border Collie aber oft auch ohne Hüteaufgabe im Alltag ein zufriedener und gelassener Hund sein.

Muss ein Border Collie hüten?

Für Border Collies aus einer Arbeitslinie gibt es keine Beschäftigung, die das Hüten und die Reaktionen der Schafe ersetzen kann. Doch auch bei Showlinien gibt es immer wieder Hunde, die starkes Hüteverhalten zeigen. Die meisten Show-Border können aber durchaus auch ohne eine Hüteaufgabe ausgelastet werden – allerdings benötigen sie dann Alternativen (siehe unten), um Problemverhalten beim Border Collie vorzubeugen und einen glücklichen und zufriedenen Hund zu haben.

Kann man auch ohne eigene Schafe hüten lernen?

Es ist möglich, aber sehr schwierig, seinen Border Collie zum Koppelgebrauchshund auszubilden, wenn man keine eigenen Schafe hat. Zudem eignet sich nicht jeder Hund zum Hüten. Das muss zunächst gemeinsam mit Experten getestet werden. Wer sich nicht scheut, schon den Welpen und Junghund gezielt unter Anleitung zu fördern und ab einem Hundealter von etwa einem Jahr regelmäßig an Schafen zu trainieren, der kann einen Border Collie auch ohne eigenen Schafhaltung ausbilden. Passende Ausbildungsplätze gibt es allerdings nicht überall. Das Können des Hundes lässt sich auf Wettkämpfen (Trials) überprüfen, bei denen verschiedenste Aufgaben gestellt werden. Darunter das Einholen von Schafen, das Einpferchen oder das Trennen einzelner Tiere aus der Herde.

Hüten als Auslastung oder Erziehungsmaßnahme?

Manch ein Border Collie zeigt im Alltag ein fehlgeleitetes Hüteverhalten, das problematisch werden kann. Mehr dazu unter Border Collie: Training und Erziehung sowie Wesen, Charakter und Eigenschaften des Border Collies. Es liegt dann manchmal nahe, zu denken, dass der Hunde ja offensichtlich hüten möchte. Und dass man ihm das in geregeltem Rahmen ermöglichen sollte. Allerdings sollten Border-Collie-Halter hier vorsichtig sein. Hüten erfordert langes Training, eine Gewöhnung an die Schafe und vor allem eine gute Steuerbarkeit des Hundes, auch (oder besonders) an den Schafen. Nicht jeder Hund bringt die nötigen Voraussetzungen mit. Es gibt manchmal Angebote, bei denen Hunde ohne große Vorbereitung auf die Schafe losgelassen werden. Das ist weder fair für die Schafe noch nützlich für den Hund. Besser ist es, für eine alternative, herausfordernde Beschäftigung und richtige Erziehung (vielleicht gemeinsam mit einem Trainer) zu sorgen.

Generelle Tipps zur Beschäftigung mit dem Border Collie

Der Border Collie ist ein Hund, für den man das richtige Händchen bei der Beschäftigung haben muss. Dazu gehört es, das richtige Maß zu finden. Aber auch die Intensität der Auslastung, ein guter Trainingsaufbau und viel Ausgleich durch Ruhe sind wichtig.

Weniger ist mehr: Aufgeregtheit und Dauerstress nicht fördern

Heute wird glücklicherweise immer bekannter, dass Border Collies zunächst Ruhe lernen müssen. Denn ein zu stark ausgelasteter Border Collie mit einem vollen Wochenprogramm und ständiger Bespaßung wird leicht zu einem überdrehten Nervenbündel. Nicht selten wird dann vermutet, der Hund wäre immer noch unausgelastet, und noch mehr gemacht. Ein Teufelskreis, der letztendlich oft zum Problemhund führt.

Häufig sind gelassene Border Collies diejenigen Hunde, die feste “Arbeitszeiten” und Ruhezeiten haben. Beispielsweise wird zweimal wöchentlich eine herausfordernde Beschäftigung geboten (Beispiele gibt es weiter unten), währen der Rest der Woche ruhiger angegangen wird. So sollten auch Spaziergänge eher dazu dienen, dass der Hund einfach “Hund sein” darf. Übt man beim Gassigehen, sollten feste Anfangs- und Endsignale dem Hund klar machen, wann die Übung anfängt und wann sie aufhört. Ansonsten ist ein Hund mit so großem Will-to-please (Willen zu gefallen) und so starker Reaktionsbereitschaft ständig in Alarmbereitschaft und beobachtet seine Besitzer, weil er auf den nächsten Befehl wartet. Dabei soll ein Spaziergang ja auch dazu dienen, die Seele baumeln zu lassen.

Nicht überfordern

Border Collies zeigen Überlastung und Müdigkeit nicht an. Ihr Arbeitswille und ihr Will-to-please lassen sie immer weiter machen – schlimmstenfalls wortwörtlich bis zum Umfallen. Sie können stundenlang am Rad laufen oder unzählige Male Bällchen holen (während sie dabei immer aufgedrehter werden). Hier hat der Besitzer die Aufgabe, für ein gesundes Maß zu sorgen, damit der Hund psychisch und körperlich gesund bleibt.

Steigende Schwierigkeitsgrade

Sich wiederholende und immer gleiche Aufgaben lasten einen Border Collie nicht wirklich aus. Hetzspiele wie das Ballwerfen können sogar zusätzlich noch negative Nebeneffekte haben. Sie belasten die Gelenke sehr stark, pushen den Hund stark auf (da er in den Hetztrieb, also ins Jagdverhalten, fällt) und können einen Border Collie zum Ball-Junkie machen, der den Kick des Hinterherhetzens immer und immer wieder haben will.

Besser ist es, eine sehr anspruchsvolle Beschäftigung zu finden, die sich stetig steigern lässt. Mit wachsendem Schwierigkeitsgrad bleibt die Beschäftigung für den Hund eine Herausforderung. Zudem können Hund und Halter dadurch gemeinsam lernen, wachsen und eine starke Bindung aufbauen.

Geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten für den Border Collie

Border Collies machen so gut wie alles mit, was man ihnen anbietet. Allerdings sind nicht alle Hundesportarten und Beschäftigungen gleich gut geeignet. Zudem sind Border Collies individuell sehr unterschiedlich. Während einige Hunde durch Agility zufrieden und ausgelastet sind, ist ein so schneller, aktiver Sport für andere Border Collies zu viel und sie neigen dann zum Überdrehen, Kläffen und kommen kaum mehr zur Ruhe.

Hier muss jeder selbst wissen und auf sein Bauchgefühl hören, was für seinen Hund am besten ist. Die folgenden Hundesportarten und Beschäftigungsideen sind Beispiele, dich sich erfahrungsgemäß für viele (aber nicht alle) Border Collies gut eignen.

Klassische Hundesportarten

Die folgenden Hundesportarten werden von vielen Hundesportvereinen angeboten und eignen sich für viele Border Collies. Für diese Sportarten muss zunächst eine Begleithundeprüfung abgelegt werden, bevor der Hund an den Übungsstunden teilnehmen kann.

  • Agility: Hier steuert der Mensch durch Handzeichen und Rufe den Border Collie durch einen Parcours (ähnlich einem Hindernislauf). Je weiter fortgeschritten im Training Hund und Halter sind, desto anspruchsvoller werden die Aufgaben. Dadurch sind körperliche Fitness, mentale Anstrengung und enge Zusammenarbeit bei Mensch und Hund gefordert.
  • Obedience oder Rally-Obedience: Beim Obedience-Training wird die schnelle und exakte Ausführung von Befehlen (Fußlaufen, Apport, das Schicken zu bestimmten Positionen) trainiert. Beim Rally-Obedience wird ein Parcours durchlaufen. An jeder Station werden bestimmte Aufgaben aus dem Obedience gefordert.
  • THS (Turnierhundesport): Es gibt verschiedene Varianten des THS. Eine Möglichkeit ist der Vierkampf, bei dem vier Disziplinen bestritten werden (Gehorsamsübungen, Hürdenlauf, Slalom, Hindernislauf).

Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten

Es gibt einige weitere Beschäftigungsmöglichkeiten, die manche Hundevereine oder Hundeschulen anbieten, und die vielen Border Collies Spaß machen:

  • Longieren: Der Mensch steht in der Mitte eines Kreises und steuert den freilaufenden Hund auf Distanz, der sich kreisförmig um den Menschen herumbewegt. Eine Steigerung ist durch stoppen des Hundes, Richtungswechsel, Hindernisse und Gehorsamsübungen möglich.
  • Treibball: Treibball gilt manchmal als ein idealer Ersatz für das Hüten. Doch das stimmt höchstens zum Teil, denn ein Ball ist kein Schaf (mit eigenen, unvorhersehbaren Reaktionen). Allerdings ist ein gut gemachtes Treibball-Training dennoch eine gute Auslastung. Die Hunde bewegen dabei Gymnastikbälle in ein Tor, während sie auf Distanz vom Menschen Hilfestellungen über Sicht- und Hörzeichen erhalten.
  • Flyball: Eine Mischung aus Staffellauf und Hürdenlauf, bei dem mehrere Mensch-Hund-Teams zusammenarbeiten.
  • Discdogging: Training mit einer Frisbeescheibe, bei dem es auch Wettbewerbe gibt. Dabei werden zahlreiche Tricks, Sprünge, Körperabsprünge und mehr in einer Kür gezeigt, wobei auch das Timing zur Musik, Genauigkeit, Fangen der Frisbees, Showmanship (gute Präsentation für das Publikum), und die Vielfalt der gezeigten Übungen gewertet wird.
  • Dogdance: Dogdance wird auch “Heelwork to music” (Fußarbeit zu Musik) genannt. Es leitet sich vom Fußlaufen aus dem Obedience ab, wobei Bewegungen (vorwärts, rückwärts und seitlich), Drehungen und Tricks im Rhythmus zur Musik gezeigt werden. Hierbei ist besonders die feine Kommunikation zwischen Mensch und Hund wichtig.

Bildquellen

Illustrationen: Stefan Große Halbuer

Sheep dog trials © Depositpotos/clearviewstock

Border Collie © Depositpotos/photodesign