Der Aussie gehört zu den gesunden Rassen. Für die optimale Gesundheit des Australian Shepherds sollten Hundebesitzer jedoch trotzdem einige Dinge beachten.
Der Australian Shepherd (Aussie) ist ein robuster und widerstandsfähiger Hund. Das ist auch kein Wunder, denn immerhin wurde die Rasse ursprünglich zum Hüten von Schafen und Rindern gezüchtet. Dass der Australian Shepherd auch heute noch zu den gesunden Rassen gehört, zeigt unter anderem die Lebenserwartung. Die Hunde werden im Schnitt zwischen 13 und 15 Jahre alt. Mehr als viele andere, gleich große Hunderassen. Allerdings kommen beim Australian Shepherd dennoch einige Erbkrankheiten vor. Züchter der Rasse führen bei ihren Hunden umfangreiche Tests durch, um die Vererbung solcher Erkrankungen auszuschließen.
Seelische Gesundheit beim Aussie
Bevor es im Folgenden hauptsächlich um die körperliche Gesundheit des Australian Shepherds geht, sollte man auch daran denken, dass Gesundheit nicht nur den Körper, sondern auch die Seele und den Geist betrifft. Gerade bei einem so sensiblen, intelligenten und arbeitswilligen Hund wie dem Aussie gibt es viele Faktoren, die das seelische Wohlbefinden beeinträchtigen können:
- Überforderung genauso wie Unterforderung bei Training und Beschäftigung
- Fehlende Ruhe und zu wenig Schlaf
- Stressfaktoren im sozialen Zusammensein mit Menschen, Hunden oder Haustieren
- Falsche Erwartungen an den Hund
- Zu harte, grobe Erziehung
- Langeweile
- Fehlendes Spiel, Ansprache und Kuschelzeiten im Alltag
Viele hilfreiche Tipps und interessante Hintergrundinformationen dazu gibt es unter
Wesen, Charakter und Eigenschaften des Australian Shepherd
Training und Erziehung des Australian Shepherd
Geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten für den Australian Shepherd
Gelenke und Gelenkerkrankungen beim Australian Shepherd
Bei allen mittelgroßen und großen Hunderassen kommt es mehr oder weniger häufig zu Gelenkproblemen. Umso häufiger, je größer und massiger der Hund ist.1 Der Aussie gehört jedoch nicht zu den besonders großen und schweren Hunden. Zudem hat der Australian Shepherd einen harmonischen, ausgewogenen Körperbau. Deshalb neigt er nicht übermäßig zu Gelenkerkankungen.
Ausführliche Informationen zu Gelenkerkrankungen und deren Vermeidung sowie zur Entstehung von Erbkrankheiten gibt es in unserem Artikel über die Gesundheit des Hundes.
Die häufigsten Erkrankungen beim Australian Shepherd
Beim Australian Shepherd sind zahlreiche Erkrankungen bekannt. Spricht man hier aber von den „häufigsten“ Krankheiten, muss man das in Relation sehen. Denn alle im folgenden genannten Probleme treten glücklicherweise nur bei einem sehr geringen Prozentsatz aller Hunde auf. Besitzer und zukünftige Halter eines Aussies sollten diese Erkrankungen jedoch kennen, um sie erkennen zu können. Wichtig ist außerdem, sie gegebenenfalls dem Züchter mitzuteilen, damit dieser die Möglichkeit hat, die Auswahl seiner Zuchthunde entsprechend anzupassen.
Gebiss- und Zahnfehler
Fehlstellungen beim Kiefer oder den Zähnen haben in der Regel keine Folgen für den einzelnen Hund. Allerdings darf mit diesen Hunden nicht weiter gezüchtet werden, damit sich die Fehlstellungen nicht vererben und dadurch immer ausgeprägter oder bei immer mehr Hunden auftreten. Dazu gehören der Unterbiss, Überbiss oder das sogenannte Schiefmaul. Auch fehlende oder zusätzliche Zähne zählen dazu.
Augenerkrankungen
Beim Australian Shepherd sind einige, vererbbare Augenerkrankungen bekannt. Für die meisten dieser Erkrankungen gibt es inzwischen Gentests, durch die das Auftreten immer stärker verringert werden soll.
- Katarakt: Auch grauer Star, hereditärer Katarakt oder HC genannt. Häufigste Augenerkrankung beim Australian Shepherd, die zu einer Trübung der Linse und im schlimmsten Fall zum Erblinden führt. Ein Gentest (HSF4) ist möglich. Dieser testet jedoch nur auf eine bestimmte Form des Katarakts, es gibt allerdings mehrere Formen. Darum werden Zuchthunde zusätzlich jährlich beim Augenarzt auf Veränderungen untersucht.
- Iris-Kolobom: Ein Stück der Iris (Regenbogenhaut) im Auge fehlt von Geburt an. Es sind vor allem Merle-Hunde betroffen. Das Auge wird dadurch manchmal lichtempfindlicher. Fehlt ein großes Stück der Iris, kann auch die Sehkraft beeinträchtigt sein. Diese Entwicklungsstörung des Auges lässt sich durch eine Augenuntersuchung nachweisen.
- CEA (Collie Eye Anomaly): Vererblicher Defekt im Augenhintergrund. Je nach Ausprägung kommt es zu leichten Beeinträchtigungen bis hin zur Blindheit. Ein Gentest ist möglich. Träger eines defekten Allels haben keine Einschränkungen und sind zur Zucht zugelassen. Nur wenn zwei defekte Allele zusammenkommen, entsteht die Erkrankung.
- PRA (Progressive Retina Atropie): Diese Erkrankung schreitet zunehmend fort und führt im Verlauf meist zum Erblinden. Es gibt beim Australian Shepherd den Prcd-PRA-Gentest, der bei Zuchthunden zum Einsatz kommt.
Epilepsie
Hunde mit Epilepsie leiden mehr oder weniger regelmäßig unter Anfällen mit Krämpfen, Zittern, Bewegungen der Beine wie beim Laufen, Schaumbildung am Maul, Abgang von Kot oder Urin und unter Umständen auch mit Bewusstlosigkeit. Eine Epilepsie kann auch im höheren Hundealter auftreten und wird dann meist durch andere Erkrankungen ausgelöst. Die vererbbare (primäre) Epilepsie hingegen tritt oft schon im Alter zwischen ein und drei Jahren auf. Damit sich die Erkrankung nicht verbreitet, dürfen Hunde mit Epilepsie nicht zur Zucht eingesetzt werden.
Degenerative Myelopathie (DM)
Bei der degenerativen Myelopathie (DM) bildet sich das Rückenmark zurück. Dadurch kommt es zu Bewegungseinschränkungen und Problemen mit den Reflexen bis hin zur Lähmung. Es gibt mehrere Formen der DM. Bisher ist nur für eine Form eine klare, genetische Ursache bekannt. Sie wird durch einen Defekt im Gen SOD1 ausgelöst, auf den man inzwischen testen kann. Der SOD1-Gentest stellt also sicher, dass Zuchthunde diese Variante der degenerativen Myelopathie nicht vererben. Allerdings kann der Hund trotzdem eine der anderen Formen bekommen. Diese gehören aber glücklicherweise zu den sehr seltenen Erkrankungen.
MDR1-Defekt beim Australian Shepherd
MDR ist die Abkürzung für Multi-Drug Resistance. Ist das MDR1-Gen mutiert, ist die Blut-Hirn-Schranke des Hundes gestört. Gifte und Wirkstoffe aus Medikamenten können die Schranke leichter überwinden. Dadurch vertragen die betroffenen Hunde bestimmte Arzneimittel schlechter oder gar nicht. Bekannt wurde der Defekt durch die Überempfindlichkeit betroffener Hunde gegen Ivermectin, ein Wirkstoff, der in manchen Spot-Ons gegen Zecken und in einigen Mitteln zur Entwurmung enthalten ist.
Kurze Übersicht zu MDR1:
- Veränderungen des MDR1-Gens gibt es bei mehreren Hunderassen, zum Beispiel Collie, Shetland Sheepdog (Sheltie) und Australian Shepherd.2
- Der MDR1-Status kann mit einem Gentest ermittelt werden.
- Man bezeichnet das unveränderte MDR1-Allel mit +, da veränderte mit -.
- Da jeder Hund immer zwei Allele hat, kann er MDR1 +/+ (gesund), MDR1+/- (Träger / carrier) oder MDR1-/- (vom MDR1-Defekt betroffen) sein.
- In der Zucht wird meist darauf geachtet, dass keine Welpen mit MDR1-/- geboren werden. Aufgrund des kleinen Genpools entscheiden sich Züchter jedoch manchmal dennoch für eine solche Verpaarung.
Was sollten Hundebesitzer beachten?
Wer einen Welpen oder erwachsenen Hund mit MDR1-Status -/- aufnimmt, sollte dies beim Haustierarzt vermerken lassen und sich selbst über erlaubte und verbotene Wirkstoffe informieren. Inzwischen sind alle problematischen Medikamente bekannt und es gibt für jeden dieser Arzneistoffe wirksame Alternativen. Meidet man Risikomedikamente, kann der Hund genauso leben und genauso alt werden, wie jeder andere Australian Shepherd. Vorsicht ist jedoch auch geboten, wenn der Hund Pferdeäpfel oder den Kot anderer Tiere fressen möchte. Nutztiere werden häufig mit Ivermectin entwurmt, was nach der Entwurmung in großen Mengen im Kot enthalten ist.
Ist der Hund MDR1 +/- oder +/+, funktioniert das MDR1-Gen normal. Es gibt zwar einzelne Hinweise, dass manchmal auch Träger (MDR1+/-) empfindlicher auf Medikamente reagieren könnten. Das konnte aber in wissenschaftlichen Untersuchungen bisher für für einzelne Ausnahmefälle bestätigt werden. Sicherheitshalber lassen manche Hundebesitzer und Züchter auch die mischerbigen Hunde (MDR1 +/-) beim Tierarzt wie einen Hund mit MDR1-Defekt behandeln.
Der Merle-Faktor: Hat er eine Bedeutung für die Gesundheit?
Sehr beliebte Fellfarben sind beim Aussie die Blue-Merle- oder die Red-Merle-Färbung, die ihn „bekannt wie einen bunten Hund“ werden ließen. Doch es gibt auch Kritik an der Zucht dieser Farbvarianten.
Welche Auswirkungen hat der Merle-Faktor auf den Australian Shepherd?
Das Merle-Gen ist verantwortlich für eine unregelmäßige, fleckige Aufhellung des Fells. Ist die Grundfarbe Schwarz, entsteht die Farbe Blue Merle. Bei der Grundfarbe Rot entsteht die Farbe Red Merle. Sind die Augen von der unregelmäßig über den Hund verteilten Aufhellung betroffen, haben die Hunde ein oder zwei blaue Augen. Auch Nase, Lefzen und Pfotenballen können fleckig oder gesprenkelt aussehen.
Verantwortlich dafür ist der Merlefaktor, eine bestimmtes Gen-Allel. Hat ein Hund keinen Merlefaktor, ist seine Grundfarbe schwarz oder rot. Trägt der Hund den Merlefaktor, hat also ein Merle-Allel und ein unverändertes Allel, entsteht die bekannte Merlefärbung. Hat ein Hund hingegen zwei Merle-Gen-Allele, kann das schwerste gesundheitliche Probleme verursachen. Man spricht dann vom Doppelmerle-Defekt (siehe unten). Eine neue Studie3 zeigt jedoch, dass es sogar noch komplizierter ist, denn Merle-Allel ist nicht gleich Merle-Allel. Je nach dessen genauer genetischer Sequenz unterscheidet sich auch die Ausprägung der Merle-Färbung beim Hund.
Warum gibt es manchmal Kritik an der Merle-Färbung?
Gesetzlich ist hierzulande die Verpaarung von zwei Merle-farbenen Hunden verboten.4 Da beide mischerbig sind und damit auf einem Allel den Merlefaktor tragen, wären 25% der Welpen vom Doppelmerle-Defekt betroffen. Einige dieser Tiere sterben noch im Mutterleib, andere werden mit Missbildungen (Taubheit, rückgebildete Augen bis hin zu massiven Organfehlbildungen) geboren, andere wiederum haben nur auffallend viel Weißanteil im Fell, aber keine gesundheitlichen Einschränkungen. Wie stark die Schädigung ist, hängt von der Art der Allele ab, zeigen neue Studien.3
Viele Menschen finden die Merle-Färbung besonders schön. Das hat leider den Nachteil, dass immer wieder Merle-Hunde privat und unkontrolliert miteinander verpaart werden, da Welpen in Merle-Farbe begehrt sind. Da hier keine genetischen Tests stattfinden, kann das gefährlich werden. Denn leider ist der Merle-Faktor nicht immer deutlich sichtbar. Es gibt sogenannte Phantom Merle, die den Merle-Faktor ohne die entsprechende Färbung haben.
Für potenzielle Besitzer eines Australian Shepherds gilt deshalb: Ein verantwortungsvoller Züchter kennt seine Hunde und seine Zuchtlinie (auch genetisch). So können versehentliche Double-Merle-Verpaarungen sicher ausgeschlossen werden und man kann mit gutem Gewissen einen Hund mit Merle-Färbung kaufen.
Quellen
- King MD. Etiopathogenesis of Canine Hip Dysplasia, Prevalence, and Genetics. Vet Clin North Am Small Anim Pract. 2017 Jul;47(4):753-767.
- Firdova Z, et al. The prevalence of ABCB1:c.227_230delATAG mutation in affected dog breeds from European countries. Res Vet Sci. 2016 Jun;106:89-92.
- Mary Langevin et al. Merle phenotypes in dogs – SILV SINE insertions from Mc to Mh. PLoS One. 2018; 13(9): e0198536. PLoS One. 2017; 12(2): e0172918.
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV): Gutachten zur Auslegung von §11 des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzuchten). [Link zum PDF]
Bildquellen
Illustrationen: Stefan Große Halbuer
A dog of the Australian shepherd breed plays © Depositphotos.com/vivienstocks
Portrait of a dog in nature. Pet for a walk. © Depositphotos.com/averyanova
Close up portrait of cute young Australian Shepherd dog on gray background. Beautiful adult Aussie, looking away. © Depositphotos.com/DenisNata
Beautiful Australian Shepherd walking © Depositphotos.com/Ksuksann