Ein Aussie benötigt viel Beschäftigung und Auslastung, hört man immer wieder. Auf der anderen Seite ist für den Australian Shepherd aber auch das Training von Ruhe und Gelassenheit sehr wichtig. Wie macht es dann nun richtig? Viel oder wenig Auslastung? Welche Art der Beschäftigung ist die Beste für einen Australian Shepherd? Und wie viel Beschäftigung braucht ein Aussie? Hier finden Aussie-Besitzer und solche, die es werden wollen, viele Tipps rund um die richtige Beschäftigung und Auslastung für ihren Hund.
Wie viel Beschäftigung braucht ein Australian Shepherd?
Liest man sich die Hintergründe zu Training und Erziehung und zu Wesen und Eigenschaften des Australian Shepherd durch, wird schnell klar: Ein Aussie benötigt auf jeden Fall Beschäftigung. Er ist kein Hund, der mit drei kurzen Gassigängen pro Tag zufrieden ist und die restliche Zeit auf der Couch kuschelt. Er möchte gefordert und gefördert werden. Allerdings im richtigen Maß.
Nicht zu viel und nicht zu früh beginnen
Australian Shepherds sind reizoffene Hunde. Zugleich sind sie leicht zu motivieren und möchten ihrem Besitzer gefallen. Dadurch neigt der Aussie dazu, dass er „allzeit bereit“ ist und man ihm nicht anmerkt, wenn ihm etwas zu viel ist. Aber Ruhe ist für Aussies sehr wichtig. Wer früh lernt, Ruhe zu halten, wird später ein gelassener und entspannter Hund. Immerhin ruhen Wölfe, Dingos und auch Straßenhunde, die ihren Tagesablauf selbst bestimmen können, bis zu 20 Stunden am Tag.1 Sind ständig Action und Einsatzbereitschaft gefragt, wird der Aussie diese auch zeigen. Allerdings geht das dauerhaft zu Lasten des Nervenkostüms.
Qualität statt Quantität
Darum gilt beim Australian Shepherd noch mehr als bei anderen Hunderassen, dass die Qualität der Beschäftigung wichtig ist, nicht die Quantität. Dabei ist auch von Bedeutung, dass man diese Beschäftigung schrittweise mit viel Spaß und Motivation, aber auch mit viel Ruhe und ausreichenden Pausen aufbaut. Ideal ist, wenn die Beschäftigungsart den Hund gut auslastet und Konzentration erfordert. Beispiele für geeignete Hundesportarten und gute Beschäftigungsmöglichkeiten für den Australian Shepherd sind unten aufgelistet.
Was der Aussie allerdings auf keinen Fall braucht, ist dreimal wöchentlich Hundesport, dazu Joggen, Radfahren, Ausflüge in die Stadt und zwischendrin noch regelmäßig Ausflüge in einer Hundegruppe, dazu tägliches Üben von Tricks. Das klingt jetzt möglicherweise übertrieben, doch das kommt durchaus vor. Überbeschäftigung kann dazu führen, dass der Aussie nervös ist und nicht zur Ruhe kommt. Manchmal gehen die Besitzer dann davon aus, dass der Hund nicht genug ausgelastet ist und machen dann noch mehr. Hier sollte man ein gesundes Mittelmaß finden, mit dem sich Hund und Halter wohl fühlen.
Braucht ein Australian Shepherd zwingend Hundesport?
Ist man häufiger Gast auf Hundeplätzen, sieht man immer wieder Aussies, die im Hundesport regelrecht aufgehen. Sie sind hochkonzentriert dabei, haben Spaß und sind dafür dann zu Hause ruhig, freundlich und verschmust. Doch man begegnet auch Australian Shepherds, die während der Wartezeiten im Hundesport durchgehend jaulend, laut kläffend durch den Agility-Parcours rennen oder auf dem Weg über den Hundeplatz wie verrückt an der Leine ziehen und alles anbellen.
- Die meisten Australian Shepherds eignen sich für den Hundesport. Der Aussie möchte aber vor allem eine Aufgabe haben und beschäftigt werden. Das muss nicht zwingend Hundesport sein.
- Jeder Aussie ist anders. Man sollte natürlich immer auf den eigenen Hund eingehen. Einigen Australians Shepherds liegt dieser oder jener Hundesport womöglich nicht. Dann sollte man so flexibel sein und seine Pläne an den Hund anpassen.
- Auch dem Besitzer soll der Hundesport Spaß machen. Wer nur seinem Aussie zuliebe Hundesport macht, der wird dauerhaft keinen Spaß daran haben. Und das überträgt sich auf den Hund. Zum Hundesport im Verein gehören Vereinsleben und lange Aufenthalte auf dem Hundeplatz. Dazu muss man auch selbst Lust haben.
- Manche Aussies drehen bei schnellen Hundesportarten zu sehr hoch. Hundesportarten mit hoher Geschwindigkeit wie Agility, Flyball & Co. sind deshalb nicht für jeden Australian Shepherd geeignet. Unter Umständen lohnt es sich bei einem eher aufgedrehten Hund, auf ruhigere, konzentriertere Sportarten umzusteigen.
Ansonsten gilt: Alles ist gut, wobei Hund und Halter Spaß haben. Das darf gerne Hundesport sein, muss aber nicht. Wichtig ist vor allem, dass man überhaupt etwas mit dem Aussie macht.
Wie viel Bewegung und Spaziergänge braucht ein Australian Shepherd?
Wenn es um die Dauer und Anzahl der Gassigänge geht, unterscheidet sich ein Australian Shepherd nur wenig von anderen, sportlichen Hunderassen. Im Artikel zur Erziehung und Sozialisation von Welpen finden Hundebesitzer auch Informationen über die richtige Dauer der Spaziergänge in den ersten Lebensmonaten. Die dort angegebene Vorgehensweise gilt sogar in besonderem Maß für Aussie-Welpen. Eine Überforderung sollte man vermeiden.
Beim erwachsenen Australian Shepherd gilt bei Spaziergängen: Ein Aussie muss nicht mehr, länger oder intensiver spazierengehen als andere Hunde. Wie viel und wie oft genau man mit dem Hund nach draußen geht, hängt vom Hundealter ab und auch davon, ob der Hund einen Garten zur Verfügung hat und wie oft er neben den Gassigängen mit dem Besitzer unterwegs ist. Mehr ist dabei nicht immer besser. Man sollte einrechnen, dass Aussies oft echte Gewohnheitstiere sind und auch schnell Kondition aufbauen. Geht man täglich viele Stunden spazieren, setzt es einen Australian Shepherd unter Umständen merklich unter Stress, wenn Spaziergänge für einige Tage deutlich kürzer ausfallen. Besser ist es, das Programm abzuwechseln. Wer an einem Tag mehrere Stunden mit dem Hund wandern oder beim Hundesport war, kann am nächsten Tag ruhig nur kleine „Pipirunden“ machen. Ist der Hund das gewohnt, verbringt er auch gerne und problemlos einige Kuscheltage auf der Couch, zum Beispiel wenn der Halter krank ist.
Aussies lieben ausgedehnte Spaziergänge in der Natur
Ideal ist es für den Aussie, wenn längere Spaziergänge nicht durch die Stadt, sondern lieber durch Wald und Wiesen führen und der Hund dabei (wenn es der Jagdtrieb zulässt) möglichst viel frei laufen darf. Gemeinsames Laufen, Rennen, Erkunden oder Klettern über Baumstämme stärkt die Bindung. Nicht alle, aber viele Australian Shepherds lieben auch Wasser und sind – vor allem im Sommer – froh über Abkühlung in einem Bach oder See.
Joggen und Radfahren sind möglich, aber nicht nötig. Natürlich kann man seinen Australian Shepherd auf Joggingrunden und langsamere Fahrradtouren mitnehmen. Allerdings sind sie keine klassischen Langstreckenläufer. Beim Aussie ist die geistige Auslastung wichtiger als körperliche Höchstleistungen. Ein täglicher Ersatz für das Gassigehen sollte das Joggen oder Radfahren deshalb eher nicht sein. Meist genießen Aussies es viel mehr, wenn sie Zeit haben voraus zu laufen, sich wieder zurückfallen zu lassen und dazwischen in ihrem eigenen Tempo ausgiebig schnüffeln können.
Gute Beschäftigungsmöglichkeiten für den Australian Shepherd
Nicht jeder Australian Shepherd ist gleich. Im Gegenteil, gerade bei dieser Rasse sind die individuellen Varianzen groß. Deshalb sollte man im Zweifelsfall einfach ausprobieren, welche Beschäftigung sowohl Hund als auch Halter am meisten Spaß macht. Die folgenden Möglichkeiten zur Beschäftigung und Auslastung liegen vielen Aussies besonders gut.
Wer eine ganz bestimmte Beschäftigung plant, der sollte auf einen passenden Züchter achten. Oft findet man zum Beispiel Züchter, die selbst mit ihren Hunden diesen Hundesport betreiben.
Agility
Agility gehört zu den Hundesportarten, die fast jeder Hundehalter kennt. Hund und Halter laufen gemeinsam durch einen Parcours. Der Halter steuert seinen Hund dabei verbal und mit Handzeichen über Hürden, Brücken, durch Slalomstangen und durch Tunnel. Das erfordert nicht nur körperliche, sondern auch geistige Anstrengung. Beim Australian Shepherd sollte man aber besonders auf ruhiges und konzentriertes Arbeiten achten. Treibt man den Aussie zu sehr an, kann das dazu führen, dass er den Agility-Parcours mit Kläffen und Überdrehen verbindet. Möchte man Agility in einem Hundesportverein machen, ist die Begleithundeprüfung Voraussetzung dafür.
Obedience (Unterordnung) und Rally-Obedience
Obedience erfordert viel Köpfchen und Konzentration. Darum ist diese Hundesportart ideal, um einen Aussie geistig auszulasten. Beim Obedience werden verschiedene Übungen mit dem Hund geübt, die er möglichst schnell und exakt ausführen soll. Dazu gehören neben Bei-Fuß-Gehen, Sitz, Steh und Platz auch viele fortgeschrittene Übungen, wie Bleib-Übungen mit und ohne Sichtkontakt, das Apportieren und die Geruchsidentifikation von verschiedenen Hölzern. Der Hund lernt außerdem, Kommandos auch mit steigendem Abstand vom Besitzer auszuführen (Distanzkontrolle). Da immer mehrere Hunde bei den Übungsstunden dabei sind, lernt der Aussie dabei zugleich, auch in Anwesenheit anderer Hunde mit der Aufmerksamkeit beim Besitzer zu bleiben. Als Eingangsprüfung muss die Begleithundeprüfung bestanden werden, bevor man aktiv am Obedience teilnehmen darf.
Allerdings liegen manchen Aussies (aber auch manchen Haltern) die eher statischen und häufig wiederholten Übungen im klassischen Obedience weniger. In dem Fall kann man alternativ Rally-Obedience ausprobieren. Bei dieser relativ neuen Sportart durchläuft man einen Parcours mit verschiedenen Stationen. An jeder Station wird eine andere Übung oder Aufgabe abgefragt, die Hund und Halter zusammen meistern sollen.
Dummy-Training statt Ballspielen
Als Hütehunde reagieren Aussies oft blitzschnell auf Bewegungsreize. Wirft man einen Ball, hetzt ein Australian Shepherd deshalb meist instinktiv hinterher. Dabei werden Glückshormone ausgeschüttet. Fast alle Australian Shepherds lernen sehr schnell, dass der Ball nochmals fliegt und die Hetzjagd weitergeht, wenn man den Ball zurückbringt. Durch ständiges Werfen und Apportieren kann man einen Aussie deshalb leider recht schnell zum sogenannten „Balljunkie“ machen, der kaum noch etwas anderes im Kopf hat, als seinen Ball. Dabei laufen im Gehirn des Hundes ähnliche Prozesse ab, wie bei drogensüchtigen Menschen. Gesund ist eine solche Fixierung auf den Ball also nicht. Außerdem möchte man in der Regel auch nicht fördern, dass der Aussie einem Bewegungsreiz instinktiv und ohne Nachdenken hinterherjagt. Denn genau das möchte man schließlich nicht, wenn der Bewegungsreiz ein Radfahrer, Jogger oder ein Reh ist.
Wenn ein Australian Shepherd gerne apportiert, sollte man das lieber für konzentrierte Kopfarbeit Dafür eignen sich unter anderem Elemente aus dem Dummytraining. Man kann Dummy-Kurse belegen oder sich über Infos auf dem Netz oder Büchern selbst die Grundlagen beibringen. Dabei muss der Hund ruhig warten, während ein Dummy (ein Leinensäckchen als Beuteattrappe) fliegt oder versteckt wird und es erst auf Kommando suchen und bringen. Für Fortgeschrittene bietet das Dummytraining noch viele weitere Aufgaben wie die Frei-Verloren-Suche (einen unbemerkt ausgelegten Dummy auf einer größeren Fläche suchen). Neben den klassischen Dummys kann man für solche Übungen auch einen Futterbeutel oder ein Spielzeug nutzen.
Flyball
Flyball ist eine relativ neue Hundesportart, die vielen Aussies großen Spaß macht. Der Ablauf ähnelt einem Staffellauf. Zwei Teams treten gegeneinander an. Dabei sind immer vier Mensch-Hund-Gespanne in einem Team. Die vier Hunde werden nacheinander losgeschickt. Sie müssen dann durch einen Parcours mit verschiedenen Hindernissen laufen. An dessen Ende steht die Flyballmaschine. Dort angekommen löst der Hund eine Taste aus. Ein Ball wird freigegeben, den der Hund fängt. Mit dem Ball im Maul läuft der Hund den Parcours zurück. Erst wenn Hund und Ball die Ziellinie überquert haben, darf der nächste Hund im Team starten.
Nasenarbeit und Suchspiele
Australian Shepherds sind Hütehunde und keine Jagdhunde. Dementsprechend setzen sie im Vergleich zu anderen Rassen oft häufiger ihre Augen und weniger die Nase ein. Gerade deshalb erfordern aber Aufgaben, bei denen der Australian Shepherd seinen Geruchssinn intensiv nutzen muss, besonders viel Konzentration. Dadurch sind solche Aufgaben eine tolle Auslastung, wenn der Hund daran Freude hat. Dazu zählen:
- Mantrailing (der Hund muss die Spur eines Menschen verfolgen und ihn finden)
- Suchspiele zu Hause (Futter, Spielzeug, Futterbeute oder Dummy verstecken und den Hund suchen lassen)
- ZOS (Ziel-Objekt-Suche2: Der Aufbau ähnelt der Ausbildung von Drogenspürhunden. Der Hund wird auf ein Objekt konditioniert. Klassischerweise startet man hier mit einem Feuerzeug. Dieses wird mit steigendem Schwierigkeitsgrad versteckt. Der Hund zeigt das gefundene Objekt an.)
Trick-Dogging und Dogdancing
Tricks lernt ein Aussie oft sehr schnell. Trickdogging ist deshalb eine gute Möglichkeit zur Auslastung, wenn Hund und Halter daran Spaß haben. Vom einfachen Pfötchengeben über das Slalomlaufen durch die Beine bis hin zu anspruchsvollen Kunststücken lässt sich hier Vieles umsetzen und stetig der Schwierigkeitsgrad steigern. Zudem kann man Tricks immer und überall üben, wenn man gerade Zeit hat. Dogdance hingegen stellt etwas andere Anforderungen. Hier verbinden sich das Fußlaufen und die Übungen aus dem Obedience mit den Tricks aus dem Trickdogging. Der Hund führt mit dem Halter eine rhythmische Choreografie zur Musik aus. Bestandteile können Sprünge durch die Arme des Halter, Drehungen, seitliches Laufen, Laufen zwischen den Beinen oder Rückwärtsgehen sein. Der Hund soll dabei durch kleinste Körpersignale und verbale Kommandos gelenkt werden, was Hund und Halter gleichermaßen fordert.
Alltagsaufgaben für den Aussie
Es gibt auch viele Möglichkeiten, den Australian Shepherd in den Alltag mit einzubinden und ihm hier Aufgaben zu geben. Die Umsetzung hängt davon ab, wie man lebt, wer alles zur Familie gehört und welche Möglichkeiten und Aufgaben hier anfallen. Einige Beispiele sind:
- Wäsche oder Socken aufräumen, z. B. in die Waschmaschine oder in einen Wäschekorb legen
- Dinge vom Boden aufheben, die heruntergefallen sind
- Etwas im Maul tragen oder zu jemandem bringen
- Spielzeug aufheben und in eine Kiste legen
- Beim Spaziergang Dinge suchen, die man verloren hat
Quellen
- Thomas Riepe. Einfach Hund sein dürfen: Das Hundeleben natürlich gestalten. Ulmer Verlag, 2016. ISBN 978-3-8001-3378-9.
- Thomas Baumann, Ina Baumann: ZOS – Zielobjektsuche: Start, Suche und Anzeige. Kosmos-Verlag 2016. ISBN-10: 3440151034
Bildquellen
Illustrationen: Stefan Große Halbuer
Four Australian Shepherd dogs running on the meadow © Depositphotos.com/Madrabothair
Jumping australian shepherd © Depositphotos.com/cynoclub
Australian Shepherd aussie puppies playing with toy © Depositphotos.com/duben