Geschichte und Ursprung des Australian Shepherd

Aktualisiert am: 16.11.2023

Trotz seines Namens stammt der Australian Shepherd nicht aus Australien, sondern aus den USA. Seine Intelligenz und Aufmerksamkeit machten den Hütehund weltweit zu einem der beliebtesten Sport- und Familienhunde.

Der Name Australian Shepherd lässt viele Menschen vermuten, dass die Rasse ursprünglich aus Australien stammt. Doch das stimmt nicht, denn der Ursprung des Australian Shepherd (oft liebevoll Aussie genannt) liegt in den USA. Innerhalb von fast zwei Jahrhunderten entstand aus einem Arbeitshund amerikanischer Schäfer und Farmer schließlich der Aussie, den wir heute weltweit kennen: Ein intelligenter und arbeitswilliger, zugleich aber auch besonders ansprechend aussehender Hund mit wunderschönen Farbvarianten.

Entstehung der Rasse Australian Shepherd

Im 19. Jahrhundert war die Einreisewelle in die USA und die Besiedelung des nordamerikanischen Westens in vollem Gange. Zusammen mit Einwanderern aus Australien und Europa kamen auch zahlreiche neue Nutztiere in die USA. Viele Schäfer brachten ihre einheimischen Schafe, wie zum Beispiel Merinoschafe, mit in die neue Heimat. Merinoschafe stammen ursprünglich aus Spanien. Dort wurden sie wegen ihrer besonders feinen Wolle gezüchtet, die Ausfuhr der wertvollen Tiere war jedoch für eine lange Zeit strengstens verboten. Schließlich gelang es auswandernden spanischen Hirten, Merinoschafe mit nach Australien zu nehmen, wo es bis heute noch große Herden der Tiere gibt. Von Australien aus gelangten die Merinoschafe mit ihren Hirten schließlich auch in die USA. Dort wurden sie deshalb oft vereinfacht „Australian sheep“ genannt. Und gemeinsam mit ihnen kamen auch die Hütehunde der australischen Schäfer ins Land.

Ein Shepherd für die Australian Sheep

Verschiedene Farmer aus unterschiedlichen Ländern brachten eigene Hunde und eigene Vorstellungen des perfekten Hütehundes mit in die USA. So entstanden unterschiedliche, jeweils ganz eigene Typen von Hunden. Fortlaufend wurden arbeitswillige Hunde, die für verschiedene Farmarbeiten am besten geeignet waren, miteinander gekreuzt. Zogen Farmer mit ihren Hunden in den (wilden) Westen der USA, waren besonders robuste, witterungsunempfindliche, geländegängige und vielseitig einsetzbare Hunde gefragt. So entstanden nach und nach eigenständige Populationen an Hunden. Damals wurden die Farm- und Hütehunde ganz einfach Shepherds (Schäfer / Schafhüter) oder Collies (schottische Bezeichnung für eine Schafrasse) genannt. Der Australian Shepherd war also ein „shepherd dog“, der vor allem bei den australischen Farmern Verwendung fand und die „Australian sheep“ hütete. So entstand der Name, den heute so gut wie jeder Hundeliebhaber kennt.

Ghost-Eyed Dogs

Das Aussehen der Australian Shepherds fiel auch in den Anfängen der Rasseentstehung schon auf. Hunde mit blauen Augen oder einem blauen und einem braunen Auge waren bis dahin in den USA weitestgehend unbekannt. Deshalb nannten die amerikanischen Ureinwohner die Aussies „ghost-eyed dogs“, die Hunde mit den Geisteraugen. Sie wurden zum Teil sogar als heilig betrachtet und man ging ihnen deshalb respektvoll aus dem Weg. Auch hier und heute erregt der Aussie oft noch Aufsehen. Mit seinem bunten Fell, den ausdrucksvollen (gelegentlich blauen) Augen und dem harmonischen Körperbau ist er ein Hund, auf dessen Schönheit man als Hundebesitzer häufig angesprochen wird.

Welche Hunde sind die Vorfahren des Australian Shepherds?

Der Australian Shepherd hat sich aus zahlreichen, verschiedenen Kreuzungen entwickelt. Ganz exakt lässt sich die Entstehung nicht nachvollziehen. Vermutet wird, dass Altdeutsche Hütehunde zu den Vorfahren gehören. Dazu gehören unter anderem die Altdeutschen Tiger, die die Blue-Merle-Färbung mitgebracht haben könnten. Das mittellange, robuste Fell könnte von spanischen Hütehunden stammen, die mit baskischen Schäfern nach Australien und von dort in die USA gelangt sind. Auch schottische und irische Hütehunde (aus denen auch die heutigen Collies entstanden sind) waren vermutlich an der Entstehung der Rasse beteiligt.

Ursprüngliche Verwendung und Aufgaben

Was landläufig oft einfach nur als Hütehund bezeichnet wird, umfasst in Wirklichkeit eine ganze Reihe verschiedener, spezialisierter Hunde. Dazu gehören Rassen mit unterschiedlichem Verhalten und verschiedenen Einsatzbereichen.

Hütehundrassen mit speziellen Aufgaben sind zum Beispiel die Treibhunde, die neben Schafen auch Großvieh treiben können. Dazu müssen sie robust, furchtlos und bisweilen auch laut sein. Im Notfall schützen solche Hunde ihre Halter sogar vor gefährlichen Bullenangriffen. Manche Hütehundrassen sollen zusätzlich auch generelle Aufgaben von Wachhunden oder Herdenschutzhunden übernehmen. Das heißt, sie bewachen die Herde und bei Bedarf auch ihren Hirten. Im Gegensatz dazu stehen reine Koppelgebrauchshunde wie die Border Collies, die vor allem verwendet werden, um Schafe (oder auch Gänse und anderes Kleinvieh) sehr fein zu lenken, von Weide zu Weide zu bewegen oder in Pferche zu treiben. 

Der Australian Shepherd ist ein intelligenter Allrounder

Der Australian Shepherd erfüllte in seiner Geschichte viele der oben genannten Aufgaben. Auch heute noch wird er auf Farmen, vor allem in den USA, als robuster und mutiger Allrounder eingesetzt. Er treibt, hütet und bewacht verschiedenste Tierarten. Zudem ist er ein verlässlicher Begleiter im Alltag, egal ob der Besitzer zu Fuß oder zu Pferd unterwegs ist. Das erklärt auch, warum der Aussie, wie wir ihn kennen, recht selbständig agiert, reaktionsschnell ist und laut Rassestandard eher skeptisch auf Fremde reagiert. Trotz langjähriger Zucht als Sport- und Familienhund haben sich viele ursprüngliche Rasseeigenschaften erhalten. Das ist auch gut so, denn sie machen den einzigartigen Charakter dieser Hunde aus. Allerdings können viele Eigenschaften von Zuchtlinie zu Zuchtlinie und von Hund zu Hund unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Darauf sollte man gefasst sein und beim Kauf sowie bei der Erziehung und Sozialisation speziell darauf achten. Auf der anderen Seite ist der Australian Shepherd aber auch ganz und gar ein typischer Hütehund. Er arbeitet jederzeit gerne mit „seinen“ Menschen zusammenarbeiten und geht eine sehr enge Bindung zu ihnen ein. Sein Will-to-please (Wille zu gefallen), seine Intelligenz und seine Lernwilligkeit machen ihn heutzutage zu einem idealen Hund für den Sport und viele Arten der Beschäftigung.

Anerkennung der Rasse „Australian Shepherd“

Der Weg vom US-amerikanischen Begleiter der Cowboys und Farmer bis hin zum hierzulande anerkannten Rassehund war lang. Im Jahre 1957 wurde der ASCA (Australian Shepherd Club of America)1 gegründet. 1977 formulierte der ASCA erstmals eine offizielle Rassebeschreibung für den Australian Shepherd. Etwa zu dieser Zeit, also ab Ende der 70er Jahre, gelangten auch die ersten Aussies nach Deutschland, wo sie zunächst noch Raritäten waren. Das änderte sich aufgrund der attraktiven Optik und der Intelligenz der Hunde jedoch schnell. Besonders als Reitbegleithunde beim damals neu in Mode kommenden Westernreiten wurden sie immer beliebter.

 Als deutscher Ableger des ASCA wurde schließlich 1988 der bis heute aktive ASCD (Australian Shepherd Club Deutschland e.V.)2 gegründet. Von da an wurden zunehmend immer mehr Australian Shepherds in Deutschland gezüchtet. Die offizielle Anerkennung durch die großen Zuchtverbände erfolgte allerdings erst spät. 1991 nahm der AKC (American Kennel Club) den Australian Shepherd in seine Zuchtbücher auf und legte einen eigenen Rassestandard fest. Der große internationale Dachverband für die Hundezucht, der FCI, erkannte den Australian Shepherd 1996 als Rasse an. Zunächst nur provisorisch – die endgültige Anerkennung erfolgte erst 20073. Deutschland wird im FCI durch den VDH, den Verband für das Deutsche Hundewesen, repräsentiert. Der aktuelle, bei uns gültige Rassestandard des VDH wurde im Jahr 2009 erstellt. Der dem VDH angehörige, zuchtbuchführende Verein ist der Club für Australian Shepherd e.V. (CASD)4.

Vom Hütenhund zum Sport- und Familienhund

Bei uns kennt man den Australian Shepherd vor allem als Familienhund oder als Begleiter im Hundesport. Für klassische Hüteaufgaben wurde und wird er, im Gegensatz zum Border Collie, hierzulande nur selten eingesetzt. Dieser Wandel vom Arbeitshund zum Familienhund begann in den USA schon seit den 1950er Jahren. Der große Durchbruch kam durch das Fernsehen, genauer gesagt durch den Cowboy Jay Sisler. Jay Sisler nutzte Australian Shepherds auf seiner Farm zum Hüten des Viehs. Als er aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht arbeiten konnte, brachte er aus Langeweile seinen jungen Hunden Tricks bei. Da die Hunde sehr schnell lernten und er ein talentierter Trainer war, wurden die Tricks immer ausgefeilter und lustiger. Schließlich zog er in den 50er- und 60er-Jahren mit seinen Hunden durch das Land und trat bei Rodeos auf. Daraus entwickelte sich schließlich eine Fernsehshow. Die Serie „Stub“, mit Sislers drei Australian Shepherds Stub, Shorty und Queenie sorgte für große Begeisterung für die Rasse, sogar über Amerika hinaus. Zudem waren die drei Hunde auch in dem Disney-Film “Run Appaloosa Run” und in der Dokumentation “Stub: The Best Cow Dog in the West“ zu sehen.

Die Intelligenz und der Will-to-please des Australian Shepherds, verbunden mit den vielfältigen Fellfarben, sorgten dafür, dass die Rasse hierzulande und weltweit immer beliebter wurde. Aussies findet man inzwischen fast überall, wo Kooperation mit dem Menschen und Lernbereitschaft gefragt sind, zum Beispiel in Hundesport, Rettungsdienst, Fährtenarbeit oder als reiner Familienhund.

Quellen

  1. Webseite des ASCA (Australian Shepherd Club of America)
  2. Webseite des ASCD e.V. (Australian Shepherd Club Deutschland)
  3. Offizielles Datenblatt des Australian Shepherd beim FCI (Rassestandard Nummer 342)
  4. Webseite des CASD e.V. (Club für Australian Shepherd Deutschland e.V. & Miniature American Shepherd)

Bildquellen

Illustrationen: Stefan Große Halbuer

Australian Shepherd working © Depositphotos.com/eAlisa

Group of running Australian Shepherd dogs © Depositphotos.com/Madrabothair

Dog breed Australian Shepherd, Aussie, Christmas and New Year © Depositphotos.com/averyanova